19. August 2010

Der Hellerberg und seine "Andesit-Rose"

Neubetrachtung eines geotouristischen Highlights in Freisen (Saarland)

Michael Hahl M.A., Geograph u. Geologe















Hoch über den Dächern der Ortschaft Freisen im Saarländer Landkreis St. Wendel erstreckt sich der Rücken des Hellerbergs mit seiner atemberaubenden Gipfelaussicht aus 596 Meter üNN. Bild 1 (Aufnahme: Hahl) zeigt ihn vom Ortsteil Oberkirchen aus betrachtet.

Im aufgelassenen Steinbruch am Hellerberg wurde jahrzehntelang Andesit abgebaut. Dabei handelt es sich um ein magmatisches Ergussgestein, das sich in einer Phase des permischen Vulkanismus, vor über 280 Millionen Jahren, bildete. Heute lassen sich am Hellerberg noch mehrere einstige Lavaströme nachweisen, und in randlichen Mandelstein-Zonen machten die heimischen Mineraliensammler faszinierende Achatfunde, die in den Mineralienmuseen in Freisen und im Ortsteil Oberkirchen bewundert werden können (Bild 2: Beispiel eines Achatfundes aus dem Museum Oberkirchen, Aufnahme: Hahl).















„Geköpfte“ Magmenintrusion?

An einigen Stellen zeigt der Hellerberg-Andesit plattige Abspaltungen, die sich aus dem überwiegend kompakten Magmagestein herausheben. Zu diesem Formenschatz gehört letztlich auch eine eindrucksvolle halbkreisförmige Felsstruktur, die sich etwa 15 Meter hoch an einer Steinbruchwand abzeichnet (Bild 3, Aufnahme: Hahl).















Die Entstehung dieser "Basaltrose", wie der Aufschluss bislang umgangssprachlich bezeichnet wurde - ungeachtet der eigentlich andesitischen Zusammensetzung -, wirft Rätsel auf: Manche sehen hierin das Stein gewordene Zeugnis eines sich vorwärts bewegenden Lavastroms (vgl. LAARMANN, Ursel, o.J., Das Geschenk der permischen Vulkane. In: Achat. Der Edelstein, aus dem Idar-Oberstein entstanden ist. extraLapis No. 19., S. 29; MINERALIENVEREIN FREISEN, 2008, Glanzlichter aus dem Zentrum der Achate. S.4). Andere halten die Form dagegen für den Aufschluss einer nach oben gerichteten domartigen oder auch horizontal verlaufenden Intrusion, das heißt den Rest einer magmatischen Schmelze, die sich in das bereits erstarrte Vulkangestein hineindrückte (vgl. SCHNEIDER, Horst, 1991, Sammlung geologischer Führer. Saarland. S. 188).

Aus dieser Vorstellung wurde in der Frühphase der Recherchen folgende erste Skizze - ohne Anspruch auf abschließende Lösung des Andesitrosen-Rätsels - entwickelt:



















Die mit dieser Illustration verbundene Vorstellung geht davon aus, dass die andesitische Intrusion, das unterirdische Ganggestein, später von der Jahrmillionen währenden erosiven Einwirkung freigenagt wurde. Aufgrund von Druckentlastung und Verwitterung bildeten sich oberflächenparallele Risse und halbrunde Ablösungsflächen. Unbekannt ist derzeit noch der Winkel, in der die Intrusion durch den Andesitkörper eingedrungen sein könnte. Eindeutige Fließstrukturen wurden bislang noch nicht gefunden. Geowissenschaftliche Forschung, vielleicht im Rahmen einer Diplomarbeit, könnte weiterhelfen.

Ergänzung vom 22. Juni 2011: Dieser Darstellung vom August 2010 folgten weitere Geländebegehungen und Überlegungen, die sich schließlich mit einem umfassenderen Genese-Konzept in der Tafelstation 7 des "Achatwegs Freisen" komprimiert niederschlugen. Nach wie vor ist zu vermuten, dass die Form durch eine magmatische Strömung - Lavastrom, Intrusion oder Nebenkrater - initiiert wurde, was sicherlich erst durch weitere Analysen tatsächlich belegbar sein kann. Allerdings scheint mir die Exfoliation durch Druckentlastung letztlich die entscheidende Rolle bei der Entstehung des zwiebelschalenartigen Aufbaus gespielt zu haben, wie einige vergleichbare Formen in den andesitischen Hellerberg-Aufschlüssen nahe legen. Diese zeigen nicht immer halbrunden bis runden Schalenbau, sondern auch wellenartige plattige Absonderungsphänomene, welche nur ungenügend mit der Bildung aus einem magmatischen Strom erklärbar wären, stattdessen aber die Bedeutung der auf die Landoberfläche bezogenen Schalenbildung (Druckentlastung!) in den Vordergrund stellen.

Weitere Informationen: Einweihung des Achatwegs Freisen

Nachtrag 2011 - nach Eröffnung des "Achatwegs";
Tafel 7 (zum Vergrößern bitte anklicken):


















Hier eine Impression von der Eröffnung des Achatwegs Freisen:


















Wie durch ein Fenster in die Erdgeschichte kann man am Hellerberg heute den sehenswerten Andesit-Aufschluss im Querschnitt bestaunen. - Vermutlich war die heutige scheibenartige Form sogar einmal kugeliger ausgeprägt respektive halbkugelig, weil der untere Teil der bizarren Felsstruktur an der Steinbruchwand nicht aufgeschlossen ist. Bei der charakteristischen Schalenverwitterung magmatischer Gesteine ist die kugelige Formung gar nicht so selten. Bild 4 (Quelle: wikipedia) zeigt zum Vergleich die so genannte "Steinerne Rose" im thüringischen Saalburg-Ebersdorf, ganz sicher ebenfalls das Werk der Verwitterung, gekoppelt an eine erosionsbedingte Druckentlastung.

"Basaltrose“, „Andesitrose“ oder „Freisener Felsscheibe“?

„Basaltrose“ – das klingt gut, und doch ist der Name geowissenschaftlich nicht haltbar und damit auch nicht im Sinne einer hochwertigen geotouristischen Entwicklung. Dass es sich nicht um Basalt, sondern um den quarzreicheren Andesit handelt, ist allgemein bekannt. Die Basaltzuordnung dürfte umgangssprachlich aus der landläufigen Steinbruchterminologie herstammen und wurde wohl seither im Volksmund fortgeführt, wie an vielen anderen Steinbrüchen mit "basaltähnlichen" Gesteinen ebenso - etwa am Katzenbuckel im südlichen Odenwald, dessen "Basaltgesteine" genau genommen als Phonolit und Syenit anzusprechen sind (vgl. SCHMITT A.K., MARKS M.A., NESBOR H.D., MARKL G., 2007, The onset and origin of differentiated Rhine Graben volcanism based on U-Pb ages and oxygen isotopic composition of zircon, Eur. J. Mineral., 19, pp 849-857.).

Auch die Bezeichnungen "Rosette" und, daran angelehnt, „Rose" stehen eigentlich für eine andere Erscheinungsform, nämlich eine "igelartige", radiale Säulen-Ausbildung in magmatischen Gesteinen. Bildbeispiel 5 zeigt den Basaltfächer am Hirtstein im sächsischen Erzgebirge (Aufnahme: Steve Möckel; Quelle: wikipedia).

Welchen Namen die stattliche "Andesitrose" vom Hellerberg (Bildausschnitt 6; Aufnahme: Hahl) zukünftig nun tragen soll, wird natürlich in Freisen selbst zu entscheiden sein. Vielleicht fällt ja der engagierten Bürgerschaft ein passender neuer Name für ihre "Freisener Felsenkugel" ein?

"Andesitrose"? Nicht schlecht! "Freisener Felsscheibe"? "Steinerner Halbkreis am Hellerberg"? - Oder hätten Sie einen vielleicht einen noch besseren Vorschlag?

Keine Kommentare: