14. Januar 2009

Lärmfeuer – Gefahr in der Luft!

Als im Odenwald die Gipfel rauchten

Kommen Sie mit auf eine Zeitreise ins 17. Jahrhundert nach Ober-Mossau. Nach einem langen Arbeitstag auf dem Feld treten Sie den Heimweg von der Mossauer Höhe an. Da erkennen Sie dicke, schwarze Rauchschwaden, die von Westen her über den Mossaubach getragen werden. „Das Lärmfeuer!“ schießt es Ihnen wie ein Blitz durch den Kopf. Die Luft ist bereits angefüllt mit dem beißenden Geruch von Brand und Rauch, und aus dem Tal hören Sie die anderen Bauern rufen. – Jetzt aber schnell zurück in die Gegenwart!

Für die Odenwälder Bauernfamilien war es wohl ein markerschütterndes Erlebnis, wenn wieder einmal die Lärmfeuer entzündet wurden und die Rauchschwaden über den Bergrücken standen. Im wahrsten Sinne des Wortes lag Gefahr in der Luft! – Der 30-jährige Krieg (1618 bis 1648) war ausgebrochen, und auch im Odenwald musste man auf die Ankunft feindlicher Söldnerheere vorbereitet sein. Das Überleben hing davon ab, dass sich wehrhafte Mannschaften frühzeitig zur Verteidigung versammelten oder dass man sich und sein Hab und Gut schnell in Sicherheit bringen konnte. So nutzte man ein ausgeklügeltes Frühwarnsystem: die Lärmfeuer!

Seit dem dreißigjährigen Krieg sind die Odenwälder „Lärmfeuer“ dokumentiert. Es ist gut denkbar, dass sie auch schon früher eingerichtet und genutzt wurden. Das Wort „Lärmen“ hat in diesem Fall die Bedeutung „Alarm schlagen“. Auf einigen der höchsten Bergrücken legte man große Reisighaufen und Holzstöße an, die bei Gefahr von stationierten Wachleuten entzündet werden konnten. Flammen und Rauch waren über große Entfernungen zu sehen, und das Alarmsignal wurde mittels anderer Lärmfeuer von einem Berg zum nächsten weitergeleitet.

Das Signalnetz begann am Rhein und zog über die Lorscher Sanddüne zur Starkenburg bei Heppenheim. Von dort verlief eine nördliche Signallinie über die Neunkircher Höhe, den Otzberg und den Breuberg bis ins Maintal. Eine zweite Linie wurde über die Sensbacher Höhe und den Krähberg nach Südosten geführt. Frühzeitig gewarnt konnten sich die landesherrschaftlichen Zentmannschaften an Sammelplätzen formieren.

Auch nach dem Friedensschluss von 1648 wurden im Odenwald Lärmfeuer als Alarmsignale und zur Nachrichtenübermittlung betrieben, letztmals in den napoleonischen Kriegen um 1800. Das Lärmfeuer auf der höchsten Erhebung Mossautals erzählt uns heute noch von der Informationstechnologie vergangener Jahrhunderte.

Aber Sie können froh sein, dass Sie Ihre Zeitreise ins 17. Jahrhundert noch rechtzeitig abgebrochen haben, denn im 30-jährigen Krieg kam Ober-Mossau trotz des feurigen Frühwarnsystems nicht gut davon. 1650 gilt das Dorf – wie viele andere Siedlungen im Odenwald auch – als „menschenleer, wüst und verbrannt“. Erst acht Jahre später wird es, gelenkt von den Landesherren, durch Schweizer Einwanderer wiederbesiedelt.

Veränderter Auszug aus HAHL, M. (2006): Drachenweg Mossautal. Die Entdeckung einer Landschaft. Broschüre des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald. Hrsg.: Gemeinde Mossautal. 32S.
Foto: Lokalität "Lärmfeuer" in Mossautal, Aufnahme: M. Hahl

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Am Samstag, 4. April 2009 werden, wenn die aufwändige Organisation klappt, unter dem Motto „Historische Signalkette vom Rhein bis ins Herz des Odenwaldes – Lärmfeuer in Odenwald und Nibelungenland“ auf einigen Bergrücken Lärmfeuer aufflammen. Mehr Info gibt es in Bälde auf der Homepage www.laermfeuer.org !

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