"Das Jahr ohne Sommer" - ein ferner Vulkanausbruch und das Odenwälder Hungerjahr 1816

Kleiner Auszug aus einem Aufsatz über die Wüstung Ferdinandsdorf (Neckar-Odenwald-Kreis):

Das Jahr ohne Sommer
Die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich zunehmend. Das Jahr 1816 brachte den Ferdinandsdorfern eine existenzbedrohende Hungersnot. Es war eines jener bitteren Jahre, die als gravierende Hungerjahre in die Annalen der ländlichen Geschichte des Odenwaldes eingingen: das „Jahr ohne Sommer“. Wer hätte gedacht, dass eine abrupte globale Klimaveränderung für diese Not maßgeblich mitverantwortlich war – wie eng die Netze des weltweiten Ökosystems doch geflochten sind! In Ferdinandsdorf wird wohl keiner der Bewohner jemals von den Kleinen Sunda-Inseln, einer Inselgruppe im Indonesischen Archipel, gehört haben, und doch begann genau hier das Unheil in Gestalt eines gigantischen Vulkanausbruchs im Jahr 1815. Die Eruption des Tambora auf der Insel Sumbawa konnte noch in 2000 Kilometer Entfernung gehört werden und brachte immense Mengen vulkanischer Asche und Schwefelgase in die Atmosphäre ein. Die Aerosole hatten einen Filter- und Verdunklungseffekt, der sich bis auf die Nordhemisphäre und auch noch in Deutschland katastrophal auswirkte: Strenge Kälte mit Missernten, Hungersnot und zahlreichen Toten, aber auch ein Massensterben unter Nutztieren trafen weite Landstriche Europas. Das Jahr ohne Sommer 1816 war der Höhepunkt einer höchst anormalen Wetterphase zwischen 1812 und 1817. Weitere meteorologische Extreme mit gravierenden Folgen für Landwirtschaft, Ernährung und Besiedlung wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mehrfach aufgezeichnet. (...) Im Zuge der Agrarkrise kletterte der Roggenpreis in Deutschland in den Jahren um 1816 auf ein Maximum, und nur mit staatlichen Saatgutlieferungen konnte – nicht allein in Ferdinandsdorf – die allergrößte Not dieser Tage einigermaßen aufgefangen werden.

Mehr darüber können Sie bald hier lesen:
Hahl, M. (2008): Ferdinandsdorf – Amerika! Schicksalhafte Geschichte einer Wüstung im südlichen Odenwald. In: Eberbacher Geschichtsblatt 2008.